Hohoho….(9)

Wenn Sprotte und Knete sich trafen, trudelten sie meist fast auf die Minute genau ein. Da beide grundsätzlich 15 – 20  Minuten zu spät waren, hob sich das gegenseitig auf, so dass keiner länger als ein, zwei Minuten warten musste.

Waren jedoch Dritte involviert, stellte sich die Sache  logischerweise etwas anders dar. Es war komplizierter, da beide auch nur unregelmäßig Handys bzw. Handynummern hatten.

Smartphones waren ihnen nichts – zu viele Funktionen und zu großes Verlustrisiko. Zu viel Naivität in Sachen Diebstahl.

So hatte Knete einmal eine Viertelstunde mit einem Südosteuropäer getanzt, weil er „hypnotisiert von seinem Hüftschwung“ war. Danach fehlten sein Portemonnaie, sein Schlüssel, sein Gürtel und ein Schuh. Und das Handy halt.

Sprotte hingegen stellte das perfekte Opfer für Hütchenspieler dar. Jedes Mal aufs Neue war er der Meinung, dass er das System hinter dem großen Bluff entschlüsselt hatte. Hatte er aber nicht. Schließlich wollte er dann immer wieder den Verlust reinholen. Bilanz bisher: – 1.450 € in Bar, ein Goldzahn, ein Schachbrett aus Elfenbein und 9 Handys.

Gewonnen hatte er bisher 5 €. Knete meinte, das wäre Mitleid. Sprotte meinte er hat das System endlich erkannt. Glücklicherweise gab es in Sprotte und Knete’s Gegend nicht viel zu holen. Betrügerbanden waren sogar glücklich, dass sie dort ihrerseits nicht betrogen wurden.

 

Bei einem mehrköpfigen Treffen mit den Beiden blieb somit immer eine Person übrig, die mindestens eine Viertelstunde warten musste. Knete und Sprotte zeigten wenig Verständnis für den entgegengebrachten Zorn. Schließlich lief ein Treffen bei den beiden ja stets reibungslos ab.

Diesmal war Rolf aus dem Papphaus das Opfer.

„Wo wart ihr denn? Ich habe mindestens 15 Minuten gewartet!“

sagte er zornig.

„Das ist kalt hier. Ihr Narren!“

Aber seine Laune schien nur kurz getrübt. Er hatte nämlich vor kurzem einen Minijob als Weihnachtsmann bei Karstadt angenommen.

„Man verdient nicht die Welt, aber der Bart und die Schuhe halten warm…außerdem…“.

Rolf hatte von langer Hand geplant, die Schuhe des Kostümes zu behalten. Er brauchte Mittäter. Einfach mitnehmen wäre zu auffällig und unspektakulär. Sprotte und Knete schienen prädestiniert in seinen Augen, weil niemand von ihnen selbst Winterstiefel gebrauchen konnte. Sie würden ihm die Beute also höchstwahrscheinlich nicht streitig machen.

Er war noch gewarnt worden, dass seine Espandrillos für den Winter wohl nicht reichen würden.

„Ach, mit den richtigen Socken geht alles!“

sagte er damals. Ging es nicht. So entstand seine perfide Idee, irgendwo den Weihnachtsmann zu spielen, um dann die dicken Winterschuhe zu entführen. Die Idee an sich war gar nicht dumm. Sprotte und Knete waren sofort Feuer und Flamme. Alles was sich am Rande der Legalität bewegte und Nervenkitzel versprach, zog die beiden magisch an.

Allerdings musste das ganze gut durchdacht und professionell zu Ende geführt werden. So schmiedeten sie den einfach anmutenden Plan, einen Raub vorzutäuschen. Heldenhaft sollte Rolf den Überfall abwehren, nur die Schuhe Sollte er bei dem Angriff verlieren. So würde er letzten Endes als Gewinner auf allen Ebenen davon kommen.

Außerdem zöge es nach sich, dass er sich wahrscheinlich im nächsten Jahr vor Anfragen als Weihnachtsmann-double kaum retten könnte. Laut Sprotte mag JEDER einen durchsetzungsfähigen Weihnachtsmann.

Knete wollte unbedingt Elfenkostüme einsetzen.

„Man Knete, das ist viel zu viel Aufwand! “

„Ach ja? Warum darf er in seinem Weihnachtsmann-Outfit auflaufen und ich nicht als Elfe?“

„Weil wir keine Elfenkostüme haben und wir nicht gerade in der Masse untergehen würden. Außerdem, wenn zwei Elfen einen Weihnachtsmann überfallen, würdest du als Außenstehender nicht auf die Idee kommen, dass die alle unter einer Decke stecken könnten?“

Knete ließ nur den ersten Einwand gelten. Aber der genügte.

Stunden später lief Rolf durch die Fußgängerzone. Er bimmelte mit seiner Klingel und rief ho,ho,ho… ,als er plötzlich vor Woolworth zwei Gestalten mit Paris Hilton Masken sah, die einen Weihnachtsmann angriffen. Der eine zog hinten am Sack, der andere rang ihn zu Boden. Sie wollten ihm gerade die Schuhe klauen, als sie merkten, dass hinter dem Bart jemand anderes steckte. Verwundert ließen sie von ihm ab.

Schon kamen zwei Securitys, fixierten die beiden und übergaben sie der herbeigerufenen Polizei. Rolf verfolgte ungläubig das Szenario. Diese beiden Idioten…

Er wand sich ab und ergriff bimmelnd die Flucht zu Karstadt. Was geschieht jetzt mit den beiden? dachte er.

Rolf wollte sich später darum kümmern. Jedoch musste er erst seine gefütterten Stiefel noch putzen, um sie abends zurückzugeben. Die schönen warmen Stiefel…

 

2 Kommentare zu „Hohoho….(9)

  1. Wir wollten Dich wissen lassen, lieber slipper, auch in Nürnberg liest man regelmäßig Deine Geschichten. Schöne Feiertage und für 2018 ganz viel Kreativität! M&M

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