Der Webstuhl Eklat (4)

Es klingelte. Relativ lange und penetrant. Sprotte stemmte sich vom Sofa hoch. An seiner Backe klebte ein Ahornblatt. Er hatte gestern versucht, einen unkonventionellen Salat zu machen und war beim Verzehren wohl eingeschlafen. Unter anderem beinhaltete sein „Salat“ Ahornblätter und Apfelmus. Das war der Zement, der das Blatt hartnäckig an seiner Wange hielt.

Sprotte öffnete die Tür. Knete stürmte in die Wohnung. „Sprotte! Million Dollar Idea!!! Ich habe vorhin auf dem Flohmarkt einen alten Webstuhl gefunden. Wir machen ab jetzt unsere Kleidung selber! Komm, ab zu Karstadt, wir brauchen Wolle.“ Er ignorierte das Ahornblatt.

„Aber ich habe doch noch nicht einmal geduscht und habe noch Schlafsachen an.“ (Damit war eine türkise Flanellhose und ein graues Unterhemd gemeint)

„Komm jetzt, Mantel an und ab!“

Der Euphorie von Knete hatte er nichts entgegenzusetzen und trottete mit seinem NVA-Parka, seinem Schlafanzug, einer Wollsocke und Sandalen hinter ihm her. Knete kaufte erstmal einen Kaffee und einen Kakao to go im Bahnhof und so stiegen sie in die Bahn. Sprotte ging etwas langsamer hinterher. Er sah elend aus. Scheinbar war der Salat nicht seine beste Idee. Als er durch den Gang zu Knetes Sitz lief, warf ihm eine alte Frau im Vorbeigehen 2 Euro in den Kakao.

„Sie armer Mann, kaufen sie sich mal ein warmes Getränk und toi, toi, toi! In so eine Situation gerät man schneller, als man denkt!“

Sprotte sah der Oma verdattert hinterher. Hatte Sie den Kakao im Becher nicht gesehen? Was meinte sie? Von welcher Situation hat die geredet? Penner? Sah er wirklich so schäbig aus? Er wollte seine Garderobe das nächste Mal besser überdenken. Er nahm einen Schluck von dem Münzen-Kakao. Widerwärtig.

Als Knete und Sprotte im Kaufhaus in der Stoffabteilung standen, fiel Knete auf, dass Wolle und Garn gar nicht mal so billig waren. Knete hatte mit 12 Cent die Rolle kalkuliert und war so auf den Preis von 8 EUR pro Shirt gekommen. Exklusive 34 Stunden Arbeitszeit. Knapp gerechnet.

„Kacke das geht ja jetzt vorne und hinten nicht auf.“

Sprotte verwies auf ein Regina Regenbogen Shirt, welches im Angebot 5 EUR kostete und Knetes Pläne ad absurdum führte. Knete kaufte aus Prinzip das Shirt und verließ grummelnd den Laden.

„Hast du eigentlich mal probiert, ob der Webstuhl funktioniert?“

„Nee. Der Indische Verkäufer meinte der geht noch. Inder lügen nicht.“

„Wo steht das Ding überhaupt?“

„In der Garage.“

„Du hast doch gar keine, wenn ich mich recht entsinne. Und den Dauerparkplatz vor der Tür hast du ja an den Bettler verloren. Beim Wettrennen.“

„Wer konnte ahnen, dass der so schnell ist! Der war barfuß! Wie auch immer, ich hab das Holzding in der Tiefgarage um die Ecke gelagert. Parkdeck B, Platz 12.“

Der „Webstuhl“ den Knete dann präsentierte, sah eher aus wie zusammengeklaubtes Strandgut, mit dem Kinder versucht hatten ein Floß zu bauen.

„Hier. Klasse oder?“

„Ja Klasse. Was willst du denn mit dem Holzhaufen anfangen? Verkaufen? Da bekommst du höchstens den Wert des Kleinholzes“

„Meinst du nicht, das Ding hat einen gewissen Wiederverkaufswert?“

„Na ja da musst du eher beim Wertstoffhof noch etwas drauflegen, damit die dir das abnehmen…“

„Kacke! Der Blitz soll mich beim Scheißen treffen. Mensch, ich habe das für so eine gute Idee gehalten. Geld sparen…“

Sprotte versuchte ihn zu beruhigen.

„Man Knete, guter Gedanke. Guter Spirit. Hat halt nur an der Ausführung gehapert.“

Knete zertrümmerte aus Frust den „Webstuhl“.

„Daraus kann ja Norbert, der Bettler, ein Haus auf meinem Parkplatz bauen, wenn er das Holz vorfindet.“

„Komm Knete, dafür hast du jetzt ein neues Shirt für deine Sammlung. Und woher weißt du eigentlich wie der Bettler heißt?“

„Wir gehen jetzt einmal pro Woche joggen.“

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